Beispielhafter Ablauf des Index-Prozesses

Mit dem Index-Prozess sollen die ausgewählten zehn Modellregionen erste Schritte für die konkrete Umsetzung von Inklusion im und durch Sport einleiten oder das bestehende Engagement ausweiten. Welche Entwicklungen der Index-Prozess nehmen kann, zeigen  beispielhaft die Erfahrungen des Projektes „LinaS: Lingen integriert natürlich alle Sportler/innen“. Die Gesamtlaufzeit dieses von der Aktion Mensch geförderten Projektes war insgesamt drei Jahre. Der Projektleiter war Frank Eichholt, Mitarbeiter des Christophorus-Werkes Lingen e.V., der im Projekt MIA als Berater mitarbeitet.
Auch wenn das Projekt LinaS schon vor dem Index für Inklusion entstand, lassen sich die darin beschriebenen Phasen und deren Fragestellungen zu einem großen Teil auf die Projektentwicklung übertragen. Die möglichen Entwicklungen des Index-Prozesses orientieren sich nur an dem ersten Projektjahr von LinaS.
 

Phase 1 – „Den Index-Prozess beginnen“

Gruppenfoto des Kooperationstreffens Bild vergrößern
Gruppenfoto des Kooperationstreffens
  • Große Nachfrage nach Sportangeboten in regulären Vereinen (Impuls durch zehn Eltern, die Sportangebote für ihre Kinder suchten).
  • Initiative durch den Geschäftsführer des Christophorus-Werk Lingen, der Frank Eichholt als Projektleiter einsetzte.
  • Kooperationstreffen mit Elterninitiativen, Vertreter/innen der Stadt, der Bürgerstiftung, Mitarbeiter/innen des Christophorus-Werkes, Vereinsvertreter/innen, Übungsleiter/innen und Vertreter/innen des Behindertensportverbandes Niedersachsen.

Phase 2 – „Die Situation beleuchten“

Übersicht der angegebenen Wünsche zu Sportaktivitäten und Themen Bild vergrößern
Wünsche zu Sportaktivitäten und Themen
  • Analyse der Aktivitäten im Altkreis: Fragebogenaktion liefert 374 (von 800) Rückmeldungen von Menschen mit Behinderung und Angehörigen zu Bewegung und Sportwünschen.
  • Gespräche mit Vereinsvertretern, Vorständen Übungsleiter/innen, Eltern und allen Kooperationspartnern wurden geführt.
  • Öffentlichkeitsarbeit sensibilisierte die Bevölkerung.
  • Entwicklung eines „Wir Gefühls“ über gezielte Netzwerkarbeit sowie Schaffung von Kooperationen.

Phase 3 – „Die Prioritäten festlegen“

  • Prioritäten wurden bei den Kooperationstreffen mit allen Partnern festgelegt und vereinbart:
  • Akquise weiterer Sportvereine und Initiativen.
  • Aus-, Weiter- und Fortbildungen.
  • Notwendige Hilfen und Unterstützungen für die Sportler/innen.
  • Ermittlung infrastruktureller Hilfen (z. B. Barrierefreiheit von Sportanlagen).
  • Beratungsangebote im Bereich der Elternarbeit.
  • Akquise von zusätzlichen Fördermitteln.
  • Schaffung einer gemeinsamen Identifikation durch einen Projektnamen und ein Logo.
  • Entwicklung eines Flyers und einer Homepage.

Phase 4 – „Die Prioritäten umsetzen“

Sportler/in beim Schwimmen Bild vergrößern
Sportler/in beim Schwimmen
  • Assistenzleistungen und Hilfestellungen wurden gemeinsam mit den Vereinen, aber insbesondere mit den zuständigen Übungsleiter/innen beraten, um lösungsorientierte Hilfen zu schaffen (z. B. Unterstützung für Sportler/innen beim Training, Organisation von Fahrgemeinschaften, Einsatz von technischen Hilfsmitteln, kreative Lösungen wie eine Ausstiegshilfe beim Reiten oder das Umgestalten einer Schwimmhilfe).
  • Verschiedene – auch vereinsübergreifende – Aktionen wurden von und mit den Sportvereinen initiiert (z. B. Spendenläufe, Sportfest)
  • Unter dem Leitsatz „Kompetent - Kostenlos - Ortsnah“ wurden durch die DBS-Akademie, mit Expert/innen aus verschiedenen Sportarten, Sportfachverbänden sowie aus dem Fachbereich der Pädagogik ersten Fortbildungen zu den Themen C-Lizenz Breiten-/Behindertensport, Leichte Sprache, Herausforderndes Verhalten im Sport und den Sportarten Judo, Fußball, Schwimmen und Rollstuhlsport durchgeführt.
  • Ein Flyer, der über alle Angebote, Aktivitäten und Kontakte informierte, wurde entwickelt und flächendeckend verteilt. Dieser führte zu deutlich zunehmenden Anfragen an die Vereine und Initiativen.
  • Ein Zusammenschluss verschiedener Elterninitiativen gestaltete ein Beratungsangebot „Von Eltern für Eltern“ in Fragen der regionalen Angebote, Vereinsmitgliedschaften, Hilfsmittel und Unterstützungsleistungen seitens der Vereine und dem Projekt LinaS.
  • Es wurden vier Übersetzer/innen aus verschiedenen Kulturkreisen gefunden und bei Bedarf eingesetzt.

Phase 5 – „Den Index Prozess reflektieren“

  • In den Kooperationstreffen wurden die gesamten Projektergebnisse und Entwicklungen erfasst, ausgewertet und allen am Projekt Beteiligtentransparent vorgestellt.
  • Eine Zunahme von Vereinen und Angeboten führte zu einer größeren Wahlmöglichkeit von Sportangeboten für Menschen mit Behinderung. Die Altersstruktur der Sportler/innen reichte vom Kleinkind bis zum Senior.

Abb.: Entwicklung von einzelnen Bereichen in den Jahren 2010 bis 2011 sowie in den weiteren zwei Projektjahren

Anzahl in Jahren 2010 2011 2012 2013
Sportarten 4 17 27 29
Vereine/Anbieter 3 14 31 38
Teilnehmer/innen 76 191 268 350
Übungsleiter/innen 13 38 56 57
  • Durch eine verändernde Haltung in den Sportvereinen und bei den Vereinsmitgliedern wurde ein inklusiver Ansatz, auch über Menschen mit Behinderung hinaus, verwirklicht.
  • Die Ziele wurden weiterentwickelt und an den Ergebnissen und Entwicklungen ausgerichtet: Welche Vereine und Angebote werden zusätzlich benötigt, welche nicht? Wo entwickelt sich ein Mehrbedarf, wo braucht es zusätzliche Hilfen? Wo werden zusätzliche Übungsleiter/innen benötigt? Was brauchen wir an Schulungen oder Fortbildungen?
  • Es wurden Nachhaltigkeitsstrategien entwickelt: z. B. Änderung einer Vereinsatzung, Akquise zusätzlicher Förderungen für die Vereine und Initiativen, Entwicklung von Inklusionsbeauftragten in den Vereinen, Beteiligung von Sportler/innen in den Vorständen der beteiligten Vereine, Sicherstellung der Zugänglichkeit und Erhalt der Kommunikationsstrukturen für interessierte Sportler/innen. Somit wurde sichergestellt, dass auch nach der festgelegten Projektphase an der Entwicklung der Region oder des einzelnen Vereins weiter gearbeitet wurde.
  • Die Rolle des „Kümmerers“ in der Region nahm erheblich an Bedeutung zu. Durch die entwickelte Dynamik in der Region wurde eine zentrale Stelle benötigt, um alle Aktivitäten zu bündeln und zu organisieren.
  • In Bezug zu kommunalen Strukturen war das Schul- und Sportamt bei infrastrukturellen Fragen ein wichtiger Ansprechpartner.

Was danach geschah

  • Die Erfahrungen wurden an die regionalen Bedingungen des Emslandes angepasst. Initiator der Region war der Kreissportbund Emsland in Kooperation mit den Städten Lingen, Meppen und Papenburg, drei Einrichtungen der Behindertenhilfe und vielen anderen Partnern (www.indus-emsland.de).
  • Seit 01.02.2017 ist Frank Eichholt als Berater im Projekt „MIA – Mehr Inklusion für Alle“ tätig und bringt seine Erfahrungen in das Vorhaben mit ein.

 

Fotos: Projekt LinaS